Freitag, 25. November 2016

Obdachlosigkeit unsichtbar machen? Nein, abschaffen!

Sit-In auf der Königstraße - Sitzbänke erhalten
Samstag, 26. November 2016, ab 11.30 Uhr
Königstraße 1B, Stuttgart
(Initiator: Luigi Pantisano, SÖS)

Flugblatt der Rot-Schwarzen Initiative:

Der Gemeinderat der Stadt Stuttgart hat beschlossen, obdachlosen Menschen den Aufenthalt in der Königstraße so unangenehm wie möglich zu machen und zu diesem Zweck Sitzgelegenheiten auf der Königstraße zu entfernen. Das zeigt, dass die Stadt gar nichts dagegen hat, wenn Menschen keine Wohnung haben. Sie sollen sich nur nicht dort aufhalten, wo andere shoppen gehen. Wozu auch – schließlich sind die Mittellosen ohnehin von dem breiten Warenangebot ausgeschlossen.

Statt uns im aktuellen Streit um Sitzmöglichkeiten zu verzetteln, werfen wir einen Blick darauf, weshalb Menschen überhaupt obdachlos sind:
Im Kapitalismus werden Wohnungen nicht gebaut um das Bedürfnis zu befriedigen, ein Dach über dem Kopf zu haben. Sie werden gebaut um möglichst viel Profit damit zu machen. Das Bedürfnis zu wohnen ist dabei nur Mittel zum Zweck. Lohnt es sich wirtschaftlich nicht, investiert und baut auch niemand. Wer nicht zahlen kann, bekommt keine Wohnung. Doch auch für diejenigen, die bei der Wohnungssuche erfolgreich sind, geht der Kampf weiter: Das Interesse von Mieter*innen an preisgünstigem Wohnraum steht logischerweise im Widerspruch zum Interesse der Eigentümer*innen an hohen Einnahmen.

Vater Staat wird’s schon richten? Nein.

 

Der Staat schafft die Rahmenbedingungen für’s kapitalistische Wirtschaften und setzt sie mit Polizei und Justiz durch. Er schützt z.B. das Wohneigentum der Vermieter*innen und legt fest, auf welche Art und Weise Mieter*in und Vermieter*in ihre entgegengesetzten Interessen verfolgen dürfen. „Willkürlich“ darf man niemanden auf die Straße setzen, aber wenn man sich dabei an die vorgegebenen Regeln hält, dann schon! Diejenigen, die keine Wohnung haben und nicht bei Verwandten oder Freund*innen unterkommen, pfercht die Stadt in der Regel in Unterkünften zusammen und verlangt dafür auch noch Gebühren. Der Staat und seine Untergliederungen bekämpfen also die Armut nicht, sondern betreuen sie. Das Elend, das der Kapitalismus hervorbringt, soll den kapitalistischen Normalbetrieb nicht stören. In der Logik des Systems ist es daher nur konsequent, dass die Stadt die Sitzgelegenheiten entfernt und die Polizei regelmäßig Obdachlose schikaniert. Denn schließlich sollen die Leute in der Königstraße fröhlich Geld ausgeben und nicht über die sozialen Verhältnisse nachdenken.

Was tun?


Es ist nicht zielführend, an den Staat bzw. in diesem Fall die Stadt Stuttgart zu appellieren und zu „argumentieren“, dass Menschen ein Dach über dem Kopf brauchen. Das verstehen CDU, SPD, Grüne und Co. durchaus, nur haben sie ein anderes Interesse zu verwalten und voranzubringen. Um das Problem dauerhaft zu lösen, müssen wir den Kapitalismus überwinden, denn Interessensgegensätze kann man nicht „wegreformieren“. Doch soziale Bewegungen können Staat und Kapital Zugeständnisse abringen, wenn sie sich erstens gut organisieren und zweitens unbequem und ausdauernd genug sind. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre, alle von der Wohnungsnot betroffenen Menschen an einen Tisch zu holen und mit ihnen gemeinsam über mögliche Strategien zu diskutieren: Obdachlose, Mieter*innen, Geflüchtete, politische Initiativen. Warum nicht bei einem Sit-In auf der Königstraße?