In
der politischen Debatte werfen Politiker*innen, Medien und manche(!)
Gesellschaftswissenschaftler*innen radikal linke und radikal rechte
politische Einstellungen gerne unter dem Begriff „Extremismus“ in einen
Topf. Ganz links und ganz rechts würden sich irgendwie ähneln und seien
gleichermaßen abzulehnen. Das politische Spektrum sei eine Art
„Hufeisen“, die sogenannten „politischen Ränder“ würden sich also
einander annähern.
Was ist dran? Von den politischen Zielsetzungen her
ist es absurd: Marxist*innen und Anarchist*innen (linksradikal) streben
eine klassenlose bzw. herrschaftsfreie Gesellschaft an, Rechtsradikale
fordern beispielsweise eine rassistische Law-and-Order-Politik bis hin zur
faschistischen Diktatur. Eines haben sie tatsächlich gemeinsam: Weder
die klassenlose Gesellschaft noch der Faschismus ist eine bürgerliche
Demokratie. Das ist es dann auch schon im Wesentlichen, worauf es
bürgerlich-demokratischen Ideolog*innen
ankommt. Da geht es nicht darum, politische Strömungen zu definieren
oder zu beschreiben, sondern sie als Feind*innen der herrschenden
Verhältnisse zu identifizieren und zu brandmarken – und zwar völlig
losgelöst vom Inhalt der jeweiligen Kritik am bestehenden System. Ob
jemand am Staat kritisiert, dass er nur durch Gewalt existieren
kann oder ob jemand eine andere, grausamere Staatsform möchte: Beides ist in dieser Lesart gleichermaßen „extremistisch“ - eine Verharmlosung des Faschismus, die ihresgleichen sucht.
Die Bestimmung eines Gegenstandes darüber, was er nicht ist, ist willkürlich. So lässt sich zwischen allem eine Gemeinsamkeit
konstruieren: Faschismus und Demokratie sind beide kein Kommunismus; Demokratie und Kommunismus sind jeweils
kein Faschismus. Äpfel und Birnen sind beide keine Bananen. Kaum ein*e
noch so fanatische*r Bananen-Anhänger*in würde behaupten, Äpfel und
Birnen wären aufgrund ihres Nicht-Bananen-Seins zwei Extreme des
Obstspektrums, die sich einander hufeisenartig annähern.